Ich stelle mich zuerst kurz vor:
Ich bin Martin Ruegge, kam 1980 auf die Welt und werde seit 1982 von meinem Diabetes Typ 1 begleitet. Diese Tatsache ist sicher ein Grund, warum ich heute als Ernährungsberater tätig bin (selbstständig in der Ernährungsberatung MonBijou in Bern und angestellt in Münchenbuchsee), gerne koche und viel Sport treibe.
Ich hätte mich sehr gefreut, am T1D-Tag etwas über meine Motivation zu erzählen und vor allem mit Euch allen darüber zu diskutieren und Eure Erfahrungen zu hören. Woher nehmt Ihr Eure Motivation, um auf Euren Diabetes und Eure Ernährung zu achten, alle Termine wahrzunehmen, Euch zu bewegen, etc?
Ich hatte als etwa 20-Jähriger ein einschneidendes Erlebnis. Ich war auf einer Tour mit meinen Inlineskates, es hätte ein schöner Ausflug werden sollen. Unterwegs kam ich in eine Unterzuckerung, welche mich zuerst bremste und schlussendlich zum Anhalten zwang. Ich hatte zuvor keine Kraft mehr in den Beinen, ich hatte mich die letzten Minuten mehr vorwärts geschleppt als geskatet. Nach mehreren Traubenzuckern und einer längeren Pause rollte ich weiter, es blieb aber mühsam.
Da war nichts mehr mit flowigem Dahingleiten, es war ein mühsamer Kampf. Da ich bereits all meine Traubenzucker gegessen hatte musste ich zum nächsten Dorf fahren, um dort in einem kleinen Geschäft weitere Traubenzucker, ein Süssgetränk und ein Gebäck zu kaufen. Unterwegs fiel mein Blutzucker natürlich weiter ab. Danach sass ich draussen in einer Wiese, ass und trank und wartete auf Besserung. Ich wurde mehrfach von Passanten gefragt, ob alles in Ordnung sei.
Ich verlor insgesamt viel Zeit, wohl um die 2h von Beginn weg gerechnet, bis ich wieder einigermassen weiterrollen konnte. Statt einem tollen Ausflug hatte ich nun viel Zeit in einer Unterzuckerung verbracht. Ich hatte mir zuvor weder Gedanken zur Insulinzufuhr gemacht noch hatte ich genügend Traubenzucker und langsam wirkende Kohlenhydratlieferanten dabeigehabt. Mit der richtigen Vorbereitung, welche mich zu Hause wohl etwa 5min gekostet hätte, hätte ich 2h länger skaten können und viel mehr von dem Tag gehabt.
Zu dem Zeitpunkt war ich sehr oft am Trainieren und beschloss an dem Tag: Wenn ich schon schaue, dass ich sportlich viel leisten kann, will ich auch meinen Diabetes so im Griff haben, dass ich viel leisten kann. Das heisst nicht, dass ich nicht immer noch Hypos habe – aber ich bin dann besser ausgerüstet und kann sagen, dass ich zuvor das Beste gemacht habe, um ein Hypo zu vermeiden. Auch wenn das nicht immer reicht.
Damals hatte ich aber alles etwas vernachlässigt. Ich habe danach Einiges überdacht und optimiert. Ich begann zu merken, dass ich, wenn ich den Diabetes nicht zur Seite lege sondern ihn beachte, ihm etwas Aufmerksamkeit schenke (meistens braucht es nur ein paar Minuten pro Tag) dass ich im Sport wie auch im Beruf/Schule/Freizeit viel leistungsfähiger bin! Mit eigentlich wenig Einsatz (kurz überlegen: Was habe ich vor, wie muss ich die Behandlung anpassen?) kann man recht viel herausholen!
Meine Motivation spüre ich tagtäglich: Ich bin leistungsfähiger, wenn mein Blutzucker stabil eingestellt ist! Motivation, so sagt man, sei eine Kraft auf ein Ziel hin. Mein Ziel ist es, fit und leistungsfähig zu sein – und was ist Euer Ziel?